Die Oberstufe

Nach der Pubertät erwacht in den Jugendlichen mehr und mehr das Interesse an der modernen Lebensrealität. Die eigenen beruflichen und sozialen Möglichkeiten treten in den Fokus. Das Bedürfnis nach Orientierung und Zukunftsperspektiven wird durch vielfältige Fachunterrichte, verschiedene intensive Praktikumsphasen und die Berufsorientierungsgruppe in Klasse 12 aufgegriffen.

Die Schüler*innen lernen in immer stärkerem Maß die Verantwortung für ihr Lernen und Arbeiten zu übernehmen und ihre Lernfortschritte selbstständig zu spiegeln. Die Auseinandersetzung mit den Natur- und Geisteswissenschaften rückt in den Vordergrund. Die weiterhin geübten handwerklichen und künstlerischen Disziplinen – z.B. Tischlern, Schmieden, Schneidern, Malen, Plastizieren, Musizieren und die Eurythmie – sorgen dafür, dass die Schüler nicht einseitig kognitiv lernen. 

Praktika – Kompetenzanalyse zur Berufsfindung – Beratungsgespräche

In Klasse 10 findet das Berufspraktikum und in Klasse 11 das Sozialpraktikum statt. Beide Praktika sind dazu geeignet, den Schülern die Arbeitswelt näher zu bringen und auch soziale und persönliche Verantwortung zu übernehmen. Individuelle Gespräche zwischen Schüler und Klassenbetreuer und Besuche externer Berufsberater gehören an unserer Schule zur 11. Klasse. Zusätzlich besteht das Angebot, an einem Berufseignungstest teilzunehmen, der in einem persönlichen Gespräch (Kompetenzanalyse zur Berufsfindung) ausgewertet wird.

Berufsorientierungsgruppe – BOG

Schüler, die in Klasse 11 beschließen, mit fachlicher Begleitung nach dem zu suchen, was sie beruflich ausfüllen könnte, werden an unserer Schule zu Teilnehmern der Berufsorientierungsgruppe in der 12. Klasse. Alle Teilnehmer der BOG absolvieren mindestens zwei Langzeitpraktika, abgelöst von Seminareinheiten in der Schule. Vier Säulen sind es, auf die in den theoretischen Stunden besonders geachtet wird: Selbstwahrnehmung, Selbstbestimmung, Selbstorganisation und Selbstachtung. Diese vier Säulen sind zugleich auch berufsrelevante Fähigkeiten in einer flexibilisierten Arbeitswelt. Ziel ist es, das Kompetenzprofil der Teilnehmer zur Berufsfindung zu schärfen und ein zukünftiges Berufsbild konkreter vor Augen haben zu können. Der Fächerkanon bietet den BOG-Teilnehmern berufsvorbereitende Kompetenzen kennen zu lernen und anzuwenden (u. a. Buchhaltung, Kommunikationsstrategien, PC-Training, individuelles Coaching bei einem Berufscoach). Dabei verbleiben die Teilnehmer der BOG in Bezug auf das Theaterspiel und die Kunst- bzw. Architekturfahrt in ihren Klassenverbänden. Außerdem erstellen sie zusammen mit ihren Mitschülern ihre persönliche Abschlussarbeit zur Erreichung des Waldorfschulabschlusses.

Die Abschlussarbeiten

Im 12. Schuljahr setzen sich die Schüler zusätzlich zum normalen Unterricht praktisch und theoretisch mit einem selbst gewählten Thema auseinander. Damit zeigen sie sich und der Schulgemeinschaft in öffentlichen Präsentationen, dass sie selbst gesteckte Ziele über eine längere Zeit hin verfolgen können und in der Lage sind, ein Projekt eigenständig und zielgerichtet zu planen und durchzuführen. Mit dieser Abschlussarbeit wird den „genormten“ staatlichen Prüfungen und Abschlüssen eine individuelle Bewährungsprobe als wesentliches Element des Waldorfschulabschlusses hinzugefügt.

Zeugnisse und Noten

Der Leistungsbegriff wird an unserer Schule anders akzentuiert als an Regelschulen.

Demgemäß erhalten die Schüler zum Schuljahresende statt Noten ausführliche Textzeugnisse, in denen die Lehrer Leistung, soziale Kompetenz und Entwicklungsfortschritte des Schülers differenziert würdigen und dokumentieren. Erst in der Oberstufe (ab Klasse 9) tritt die Notenbewertung hinzu.

An Waldorfschulen entwickelt – das Abschlussportfolio

In einer Mappe sammelt der Oberstufenschüler seine Zeugnisse und Praktikumsnachweise und dokumentiert durch ausgewählte Arbeiten seinen individuellen Lernfortschritt. Dabei können berufsrelevante Kompetenzen wie Selbstwahrnehmung, Flexibilität, Weltoffenheit, Interesse, Selbstorganisation, Teamfähigkeit und Unternehmensgeist erkannt, entwickelt und genutzt werden.